erkennung

06.12.2020     Konstanze Reupsch     "Schreibtisch sucht Weitsicht"


Nikolausmorgen
Irgendwann in dieser viel besungenen vorigen Nacht erhielt ich einen Anruf vom Nikolaus.
Er müsse dringend mit mir zoomen oder skypen oder ... Egal, ich solle jedenfalls schnell meinen PC hochfahren. Mit Seitenblick auf meine noch leeren, ungeputzten Stiefel tat ich, wie er mir geheißen.
Dass er in Quarantäne sei, erzählte er mir per Videoschalte und mich dazu auserkoren habe, ihn zu vertreten.
"Wieso ich?"
"Frauenquote."
"Ach so." Stille.
"Aber ich kann doch nicht treppauf,  treppab ... ich bin doch schließlich auch schon al..."
"Papperlapapp", unterbrach der Nikolaus meinen zaghaften Protest. "Dann poste eben den Kindern, dass sie ihre Schuhe vor die Haustür stellen sollen, aber jedes nur den linken Stiefel, damit das Gedränge auf der Straße nicht zu groß wird."
"Aber nein, das ist viel zu gefährlich, so viele Stiefel."
Der Nikolaus schlief vor dem Bildschirm ein und seine Nase begann rot zu leuchten. Ich versuchte ihn durch meine Ansprache zu wecken. Erfolglos, er begann laut zu schnarchen. So laut, dass ich davon aufwachte und - noch im Halbschlaf - darüber nachdachte, warum der Nikolaus eine rot leuchtende Nase hat. Schnupfen? Oder war er etwa durch die eiskalte Nacht gelaufen, trotz Quarantäne? Oder ist er gar ein Säufer?
Inzwischen konnte ich meine schweren Augenlider öffnen, schälte mich langsam aus den Decken, schlich in den Flur zu meinen Stiefeln, Ich kippte sie um, leuchtete sie aus mit Sternlein und Lichtern:
links Quarantäne, rechts Kontaktbeschränkung

stiefel

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